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Nervenkitzel, Gänsehaut und Alltagsflucht:
Die Vienna Ghosthunters untersuchen paranormale
Phänomene in ganz Österreich. Wir
durften die Geisterjäger auf Burg Hardegg
im Thayatal begleiten.
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Wissen Sie, was „Angstlust“ bedeutet? Denn
Angst und Lust sind doch eigentlich zwei
völlig unterschiedliche Emotionen, oder?
Wie
kann man sich fr eiwillig erschrecken (lassen)
und dabei auch noch Vergnügen empfinden?
Wer Antworten sucht, muss das menschliche
Gehirn erkunden. In seinem limbischen System
befinden sich unser Angstzentrum, unser
Ekelzentrum, aber auch zum T eil die Fähigkeit,
Lust zu empfinden. Angstlust verspürt
vor allem jener Mensch, der sich freiwillig
einem gewissen Nervenkitzel aussetzt, in
der Hoffnung, alles wer de gut enden.
Die
Mischung aus Furcht und Wonne sowie der
Hormonmix aus Dopamin und Endorphinen –
das ist die Basis aller wohligen Schauer .
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Schaurig-schönes Österreich
Was uns an gruseligen Orten so reizt, ist also
leicht erklärt.
Nur zu gut, dass man seiner
Angstlust in Österreich so ausgiebig frönen
kann, in den Hauptstädten ebenso wie auf
dem Lande. Im Römerlager Carnuntum soll
man nachts manchmal das Klirren von Waffen
hören, an der Innsbrucker Universität
treibt angeblich eine wütende Nonne ihr
Unwesen, in einem Kärntner Hotel duscht
ein Poltergeist mit und fast kein Schloss, das
etwas von sich hält, kommt bei uns ohne
anständiges Schlossgespenst aus.
Ob diese
Geschichten stimmen oder nicht, sei dahingestellt – aber dennoch verlier en sie nie an
Faszination.
Vielleicht liegt es ja an unser er Begeisterungsfähigkeit fürs Übersinnliche:
Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2018 glauben
15 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher, dass es unter uns Menschen
gibt, die zaubern können.
Dass man mit
Wünschelruten Störungen auspendeln kann,
denken 45 Prozent, und dass man sein Haus
energetisch reinigen kann, glauben immer -
hin 29 Prozent. Sogar Schamanen, die mit
Geistern und Toten sprechen können, haben
einen Platz in der Gedankenwelt von 22 Pr ozent
der Befragten.
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Unterwegs mit den Geisterjägern
Mehr fürs Ent-geistern als fürs Be-geistern
sind die „Vienna Ghosthunters“ zuständig,
die seit vielen Jahr en ihre Heimat großflächig
auf paranormale Aktivitäten scannen.
Auch
wenn der Name des Vereines, immerhin Europas älteste Gruppe zur Erforschung solcher
Phänomene, darauf schließen lässt, dass man
die Geisterwesen eher dingfest machen als
entzaubern möchte, sind viele ihr er „Hausbesuche“
dazu da, den Blick fürs Wesentliche
zu schärfen: „Für den Großteil der Fälle gibt
es eine wissenschaftliche Erklärung.
Und jeöfter man Erscheinungen nachgeht, desto
weniger glaubt man eigentlich dar an“, so
Ober-Geisterjäger Willi Gabler. Aber irgendwer
muss den Job schließlich machen. „Vor
allem im Winter, wenn es bald finster wird
und die Nebelschwaden aufs Gemüt drücken,
laufen die Telefone bei uns heiß“, erzählt er .
Dann werden Friedhöfe, Burgen, Schlösser,
verfallene Fabriken, verlassene Häuser und
auf Wunsch auch heimgesuchte Privatgrundstücke
auf geistreiche Aktivitäten untersucht.
„Allerdings rufen da auch viele Menschen an,
die einfach einsam oder verunsichert sind.
Wir versuchen zu helfen. S tromfelder können
innere Unruhe hervorrufen, defekte Wasserleitungen
und Türschlitze, durch die Luft
strömt, können zu kalten Schauern führ en.
Das untersuchen wir alles ganz genau mit
Hightech-Equipment wie Kameras, Richtmikrofonen,
Magnetfeldmesser, Laser,
Nebelmaschinen und Bewegungsmeldern.“
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In der Familiengruft
Aber nicht immer sollen undichte Leitungen
oder der alte Parkettboden daran schuld
sein, wenn es uns eng wird ums Herz.
In einem ehemaligen Lungensanatorium etwa
konnten die Geisterjäger tatsächlich unheimliche
Phänomene untersuchen und auch am„Friedhof der Namenlosen“ in Wien soll es
heftig spuken.
Dorthin führen die häufigsten
Geister-Touren, an denen auch Normalsterbliche
gegen einen kleinen Obulus teilnehmen
können.
Ganz oben auf der Liste der Begehrlichkeiten
der Ghosthunters steht aber
derzeit Burg Hardegg im malerischen Thayatal
an der niederösterr eichisch-tschechischen
Grenze.
Und die Gänsehaut wartet fastüberall in dieser Gegend:
Gegenüber der Gemäuer
erhebt sich aus dem Wald ein wuchtiger
Felsblock – „Reginafelsen“ genannt.
Dort soll die „schwarze Frau“ nächtens ihr
Leid klagen. Der Sage nach war sie eine
unwillige Geliebte eines Grafen, die lebendig
eingemauert wurde.
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Und die Burg selbst
ist ein wahrlich beeindruckender Anblick,
ganz egal, ob man einen Sinn fürs Übersinnliche
hat oder nicht.
Das liegt auch an ihrer
reichen Geschichte: Urkundlich taucht sie
erstmals um das Jahr 1145 auf , danach wurde
aus mittelalterlichem Holz bald mächtiger
Stein. Heute befindet sich die Burg im Besitz von Octavian Pilati, mit Jahr gang 1989 einer
der jüngsten Schlossbesitzer Österreichs.
Und der öffnet auch außerhalb der saisonalen Öffnungszeiten für Gruppen auf Anfrage
gerne eines der imposanten Tore.
Eine davon
waren jüngst die Vienna Ghosthunters: „Sie
haben uns angeschrieben und gefragt, ob
sie eine Investigation durchführen dürfen.
Wir als Familie stehen dem Thema sehr offen
gegenüber. Und ich persönlich finde die
Arbeitsweise der Vienna Ghosthunters sehr
fundiert.
Es trauen sich leider wenige Fachleute über dieses Thema drüber, umso mehr
freut es uns, die Geisterjäger bei ihrer Arbeit
zu unterstützen“, so der Urenkel des letzten
Fürsten Anton Sigismund Khevenhüller -
Metsch.
„Da die Burg Hardegg auf eine 1000
Jahre alte Geschichte zurückblickt, ist es
allerdings auch sehr schwer zu sagen, ob und
wer denn da spukt.
Sie ist seit 1730 im F amilienbesitz
und beherbergt seit Anfang des
20. Jahrhunderts auch unsere Familiengruft.
Erfahrungsberichten zufolge könnten durchaus
verstorbene Familienmitglieder gesichtet
worden sein, darunter der im Kindesalter verstorbene Bruder meiner Großmutter.
Ich
hatte selber auch schon das ein oder andere
Erlebnis.
Ohne diese Schilderungen fällt es
den meisten Menschen schwer, dem Thema
gegenüber offen zu sein.“
Wir durften dort hinab, wo es spuken
soll – und tatsächlich:
Nach einer unliebsamen
Begegnung mit einer – zugegebener -
maßen äußerst zarten – Fledermaus lassen
wir uns von der unheimlichen Atmosphäre in
ihren Bann ziehen.
Die Ghosthunters wollen
Kontakt aufnehmen – und zwar mit den früh
verstorbenen Kindern der Familie, die da tief
unter der Erde in einer engen Kammer begraben
liegen.
Die Aufnahmegeräte laufen,
als Geisterjägerin Daniela ihre Fragen ins
Leere stellt – was an sich schon ein schauriges
Erlebnis ist.
Das Fragen und Auswerten
etwaiger Antworten ist eine übliche Vorgehensweise
und auch, wenn die Kindergeister
heute schweigen, sollen so tatsächlich schon
Stimmen aus dem Jenseits aufgezeichnet
worden sein.
Wer daran nicht glauben mag:
Beeindruckend
und sicherlich auch gruselig ist – gleich am Eingang der Burg – der gigantische
Holzsarkophag des tschechischen
Künstlers Lubo Kristek, den er „Die Vogelmission“
taufte.
Der Burgherr rät also auch
allen Angstlustlosen zum Besuch: „Nicht
nur die Burg, sondern auch die Umgebung
ist voller spannender Entdeckungen, vom
Nationalpark bis zu den Resten des Eisernen
Vorhangs im nahen Cížov.
Und Hardegg als
kleinste Stadt Österreichs ist sowieso immer
einen Ausflug wert“, meint er.
Und abgesehen von Har degg? Falls Sie
sich schon heute in den Zug setzen wollen,
um dem Gruselfieber entgegenzureisen, ist
die Auswahl an Destinationen groß.
In jedem
Bundesland finden sich Schlösser, Burgen
und Ruinen, auf denen es spuken soll.
Manche kann man auch im Winter herrlich
erwandern, wer aber auf Nummer sicher
gehen will, der begibt sich in die Hauptstadt:
Der Wiener Zentralfriedhof soll bekanntlich
weltweit zu den schönsten, größten, aber
auch mystischsten Begräbnisstätten zählen. •
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